Zuordnung von Emissionsfaktoren

Nach der Modellierung der LCI-Daten in der Ökobilanzsoftware besteht der nächste Schritt darin, die erfassten Material- oder Energieflüsse mit passenden Emissionsfaktoren zu verknüpfen. So kann die Software automatisch berechnen, wie viel Treibhausgas durch jede Aktivität entsteht.

Emissionsfaktoren stammen aus verschiedenen Quellen. Sie sind oft frei verfügbar über nationale oder internationale Datenbanken wie ProBas, DEFRA oder die IPCC EFDB. Zusätzlich sind viele Faktoren bereits in Ökobilanz-Software wie GaBi, SimaPro oder openLCA integriert und können dort direkt verwendet werden.

Bevor man Emissionsfaktoren auswählt, ist es wichtig, genau zu verstehen, was genau Inhalt der Berechnung ist. Dazu gehört zunächst, die Aktivitätseinheit festzulegen, also die Maßeinheit deiner Erfassung, zum Beispiel Liter Diesel, Kilowattstunden Strom, Kilogramm Stahl, Personenkilometer oder Euro Einkaufswert.

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Primärdaten, etwa von Herstellern oder aus Umweltproduktdeklarationen, liefern in der Regel genauere und spezifischere Informationen als generische Emissionsfaktoren, weshalb ihre Verwendung meist zu zuverlässigeren Ergebnissen führt.

Kriterien bei der Auswahl

Bei der Auswahl von Emissionsfaktoren ist es wichtig, einige zentrale Aspekte zu berücksichtigen. Dazu gehören unter anderem:

  • Aktualität – Faktoren sollten möglichst aktuell sein, auch wenn es in der Praxis oft keine neuen Werte gibt.
  • Regionalität – insbesondere beim Strommix kann die geografische Herkunft große Unterschiede machen.

Darüber hinaus solltest du die Systemgrenze festlegen, also entscheiden, ob die Bilanzierung cradle-to-gate, gate-to-gate oder cradle-to-grave erfolgen soll.

Dokumentation und Transparenz sicherstellen

Eine lückenlose Dokumentation ist entscheidend, damit die Ergebnisse nachvollziehbar bleiben. Dazu gehört:

  • Quelle, Jahr, Einheit, Systemgrenze und Annahmen klar festhalten.
  • Unsicherheiten offenlegen – Transparenz ist wichtiger als scheinbare Genauigkeit.
  • Wenn keine passenden Daten verfügbar sind, können Proxy-Werte genutzt werden, müssen aber als solche gekennzeichnet werden.

Praxistipp: Für die Auswahl und Anwendung von Emissionsfaktoren kann Software eine große Hilfe sein. Viele kommerzielle Tools wie GaBi, SimaPro oder openLCA enthalten bereits integrierte Datenbanken mit Emissionsfaktoren, die direkt verwendet werden können. Auch Plattformen wie Climatiq unterstützen die Arbeit, indem sie Faktoren aus verschiedenen relevanten Datenbanken bündeln und praktische Filterfunktionen bereitstellen, um schnell passende Werte zu finden.

Trotz dieser Unterstützung gibt es in der Praxis einige Herausforderungen, die man beachten sollte:

  • Stromfaktoren nicht verallgemeinern – ein deutscher Strommix-Faktor lässt sich nicht einfach auf Österreich oder China übertragen.
  • Transportfaktoren variieren stark – ein LKW-Faktor kann nicht für Schiffs- oder Flugtransporte verwendet werden.
  • Ökostrom-Herausforderung – bilanziell wird „Grünstrom“ oft mit nahezu null kg CO₂e angegeben, der reale Faktor ist jedoch nicht null. Hier ist es wichtig, die angewandte Methode klar zu dokumentieren, z. B. Residualmix oder Herkunftsnachweise.

Mit diesen Punkten lassen sich Emissionsfaktoren gezielt auswählen und korrekt anwenden, sodass die Ökobilanz belastbare Ergebnisse liefert.

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Case Study

Ziel ist es die CO2-Emissionen aus eingekauftem Stahl für den metallischen Wasserkocher zu berechnen

  1. Was du brauchst: Emissionsfaktor pro kg Stahl (idealerweise cradle-to-gate)
  2. Wo du suchst:
    • EPDs von Herstellern für prozessspezifischen Daten
    • ProBas: Suchbegriff „Stahl warmgewalzt“
    • Ecoinvent: Sekundärstahl, regional angepasst
    • DEFRA/Climatiq als Alternativen
  3. Was du auswählst: Faktor mit genauer Beschreibung (z. B. Art des Stahls, Herstellungsweg), aktuelles Jahr, geografisch passend.

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Checkliste

  • Hast Du die geeigneten Emissionsfaktoren für alle Prozesse aus der Sachbilanz ermittelt?
  • Stimmen die Emissionsfaktoren mit der geografischen Region, dem Zeitraum und der in der Studie verwendeten Technologie überein?
  • Wurde die Emissionsfaktoren in der Software mit den relevanten Prozessen verknüpft?
  • Wurden alle Annahmen und die Datenqualität dokumentiert?